Fantasie und Sprache bedeuten Freiheit : Virtuelles SchreibKunst-Projekt
mit Silke Scheuermann am Gustav-Stresemann-Gymnasium
Fantasie und Sprache bedeuten Freiheit
Es ist ganz still im Raum. Nur das Kratzen und Kritzeln der Kugelschreiber und Füller ist zu hören. Konzentriert und fleißig sitzen Schülerinnen und Schüler des Gustav-Stresemann-Gymnasiums (GSG) an ihren Collegeblöcken, um den letzten Buchstaben und Sätzen ihrer Texte Gestalt zu verleihen.
Es war der letzte und in vielerlei Hinsicht besondere von drei unter der Leitung von Barbara Jericho und Christoph Heise sattfindenden SchreibKunst-Workshops mit Schriftstellerin Silke Scheuermann. Aufgrund der Corona-Pandemie war die Autorin per Videokonferenz zugeschaltet und auch die Schülerinnen und Schüler saßen nach Jahrgängen getrennt in verschiedenen Räumen und begegneten sich virtuell über Bildschirme. Und die Begegnung war nicht nur in dieser Hinsicht besonders, denn es sollten die Texte für die geplante SchreibKunst-Anthologie entstehen, die vom Hessischen Kultusministerium herausgegeben wird und die besten Leistungen des literarischen Nachwuchses weniger ausgewählter hessischer Schulen enthält. Wer hier einen Text veröffentlicht, dem ist ein breites Publikum sicher, wird doch die Anthologie auf der Buchmesse vorgestellt und im Buchhandel vertrieben.
Im Anschluss an einen Literaturworkshop mit dem Autor Dr. Jürgen Neffe im Rahmen des Literarischen Frühlings fanden bereits im vergangenen Schuljahr zwei Projektveranstaltungen mit der Autorin Silke Scheuermann am Gustav-Stresemann-Gymnasium statt. „Wie beginne ich einen guten Text? Welche Worte sollte ich verwenden, um den Text interessanter zu gestalten? Was mache ich, wenn ich keine Ideen mehr habe?” – All diese Fragen wurden in den Workshops intensiv behandelt und beantwortet. Von Themen wie „Kopf freischreiben“ bis zu „Regeln, um ein Buch zu schreiben“ wurde jedes Detail angesprochen. Nach der Besprechung sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle einen eigenen Text zu einem bestimmten Thema verfassen und vorstellen. Man hat einander unterstützt, sich gegenseitig Rückmeldungen und Tipps gegeben und über viele verrückte Ideen gelacht.
Und so zeigten sich im digitalen Austausch am GSG die Ergebnisse des zahllosen Redigierens und Reflektierens. Die Schreibentwicklung der talentierten Nachwuchs-autorinnen und -autoren zeigte sich in beeindruckender Slam-Poetry zur aktuellen Corona-Situation mit dem Titel „Coronaegoisten“ ebenso wie in einem außergewöhnlichen (ersten) Romankapitel zum Thema Rassismus. Zudem entstanden auf der Basis eines Videoeinspielers literarische Produktionen zum Thema: „Einbrecher in der Krise - Was sollen wir tun, wenn wegen der Pandemie alle immer zu Hause bleiben?“ Wie literarisch vielfältig und erfolgreich Überraschungen gestaltet werden können, konnten sich die Teilnehmer des Projekttages schreibend und diskutierend erschließen.
Neben der Möglichkeit der Vollendung der eigenen Produktionen für die Veröffentlichung bekamen die Jugendlichen wichtige Einblicke in die Prinzipien deutscher Sprache und Literatur und ein Gefühl für deren Anwendung vermittelt.
Und eine weitere Erkenntnis stand am Ende dieses Tages: Trotz der beeindruckenden Möglichkeiten digitaler Medien, die nicht zuletzt auch diesen virtuellen Projekttag ermöglicht haben, bedarf es für die literarische Produktion noch mehr: Um die schwarzen Buchstaben auf einem Blatt Papier zu beleben, braucht es neben der Sprache auch die Fantasie, die den Gedanken zur Freiheit verhilft.
Die Schülerinnen und Schüler des GSGs sagen „Danke!“ an Frau Scheuermann und Herrn Dr. Neffe, die uns mit der Weitergabe ihres Wissens und ihrer Leidenschaft ein Stück auf unserer literarischen Reise begleiteten.
Bad Wildungen, 25.11.2020
Text: Maimuna Trawalley, E 1