SchreibKunst Matinée an der Max-Beckmann Schule
... am 6.2.2017 von 12.20 – 13.45 Uhr mit anschließendem Sektempfang in der Aula
© Christian Bromig
Es gibt heute kein Theaterstück, und doch stehen 12 leere Stühle im Halbkreis angeordnet auf der Bühne der Aula in der Frankfurter Max-Beckmann-Schule.
Eine Gruppe aus 11 Oberstufenschülerinnen und einem Schüler kommt geschlossen auf das Podium, um einzeln ans Mikrophon zu treten und vorzulesen – aus eigenen Texten. Auf den Hochglanz-Plakaten, die Besuchern den Weg in den 2. Stock weisen, schaut der mehrfach preisgekrönte „Haus-Autor“, Thomas Hettche, ernst, aber auch vertrauenserweckend drein. Vier Workshops zum Kreativen Schreiben hatte er von September 2016 bis Januar 2017 an der literarisch aktiven Schule geleitet – heute werden erste Kostproben der Arbeit präsentiert.
Rund 40 geladene Gäste nahmen in der Aula Platz: Die Schulkoordinatorinnen Inge Pauls, Gisa Hoffmann und Antje Koenen hatten keine Mühen gescheut: Eltern, Schulleitung, Kollegen und Lieblings-Mitschüler folgten der persönlichen Einladung, um dieser hochkonzentriert vorgetragenen Präsentation in festlichem Rahmen zu lauschen.
„Wir haben unser Leben noch vor uns“ - Titel und Anfangssatz einer College-Erzählung der Schülerin Svenja Leifheit, könnte man als Motto dieser absolut gelungenen Veranstaltung lesen, wenn auch der Plot auf eine spannende Kriminalgeschichte hinausläuft. Gebannt hörten die Zuhörer dem Programm aus 14 Geschichten und Erzählungsanfängen zu, das musikalisch von zwei Klavierstücken von Anna Saamer und Nora Bastian umrahmt wurde, zu. Als ich das erste Mal auf die Uhr schaue, sind 60 Minuten um. Ich habe mich zwischenzeitlich gedanklich länger in einem gespenstisch-maroden Treppenhaus und damit mitten in der Geschichte ohne Titel von Marina Herrmann aufgehalten und ich bin gänzlich in die Szenerie eines Films („Der tote Winter“) eingetaucht… Das alles ganz ohne Kulissen, nur durch Sprache hervorgerufen.
Wozu so ein Programm wie SchreibKunst eigentlich gut sei, was es für die bevorstehende Studien- und Berufsperspektive bringe, fragte ich am Schluss in die heitere Runde des Sektempfangs: „Freiheit! Man ist so unglaublich frei als Autorin“, meint Nashilu Busch: „Man kann schreiben, was man will. Auch das Böse hat da seinen Platz.“ Thomas Hettche hatte sie ermuntert, durchaus auch „grausame Szenen von Gewalt gegen Kinder“ vorzustellen. Man könne seine Protagonisten einfach mal vorschicken, um z.B. in einem Dating-Portal zu schreiben, wie Mark Wiesmann, ohne es selbst tun zu müssen. Dinge in der Phantasie durchspielen sozusagen.Fazit: Eine beeindruckende Lesung, die einen entführte an Orte, die jeder Zuhörer ganz nach seiner eigenen Vorstellung vor sich sah, und in Räume führte, die so klar beschrieben waren, dass man in der Phantasie ganze Handlungsabläufe mitverfolgen konnte. Das alles nur mit (digitaler)„Feder“ und Papier und professionelle Schreibberatung erschaffen zu haben, machte den jungen stolzen Autoren auch sichtlich Freude
Ein Vater steuert nach insgesamt 80 spannende Minuten direkt auf mich zu: „Das es sowas gibt!“
Den Schulleiter, Herrn Stripp, stimmten die sozial- und weltkritischen Gedanken seiner Schüler auch nachdenklich. Wo sei sonst für die Entfaltung individueller Haltung beim Schreiben Platz, fragte er, wenn nicht in so einem Projekt.
Und dann dies noch, eine literarische Hommage an das Schreiben und die Literatur.
„Wusstest du, dass du wundervoll bist? – In dir sehe ich die Welt und was dahinter ist. Ich liebe dich. - Du bist ein Buch!“ (Bianca Hamann: „Du“)
Als Geschenk des HKM gab es für jeden Schüler ein Exemplar der Anthologie von 2016: „Der Gurkenmann und andere Geschichten – Schüler schreiben mit Autoren. Edition Faust. Frankfurt 2016“.
Leider konnte Thomas Hettche, der begleitende Autor der Max-Beckmann-Schule, nicht persönlich anwesend sein.
Dr. Erika Schellenberger-Diederich, Programmleitung SchreibKunst, Hessisches Kultusministerium mit freundlicher Unterstützung der WIBank, Förderbank des Landes Hessen.