Rede von Herrn Ministerialdirektor Meyer-Scholten
Festakt Zertifizierung der KulturSchulen in Hessen 17.09.2011 Dr. Hoch`s Konservatorium - Sonnemannstr. 16 Frankfurt/M.
Rede von Herrn Min Dir J. Meyer - Scholten,
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler,
wir haben im ersten Teil der Veranstaltung schon einige Erläuterungen zur Idee der KulturSchule gehört; ergänzt durch Vorträge, Filme und die persönlichen Beiträge der Schüler setzt sich allmählich ein genaueres Bild zusammen. Lassen sie mich dieses Bild um einige Gedanken grundsätzlicher Art ergänzen.
Die eigene künstlerische Praxis von Kindern und Jugendlichen gilt in Hessen als Schlüssel für die gelebte Nähe zu traditioneller und zeitgenössischer Kunst und Kultur. Daher beschreibt das Hessische Schulgesetz Ästhetische Bildung nicht nur als Aufgabe des Pflichtunterrichts in Musik, Kunst, Deutsch oder Darstellendem Spiel (SII). Vielmehr zählt es die „Kulturelle Praxis“ von Kindern und Jugendlichen zu den „besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schulen“.
Zur Förderung der Kulturellen Praxis an Hessens Schulen werden seitens des Hessischen Kultusministeriums mehr als 20 landesweite Programme initiiert und geplant, die gemeinsam mit externen Kulturschaffenden, Stiftungen oder dem Amt für Lehrerbildung (AfL) umgesetzt werden.
Die Förderung einzelner Projekte in den verschiedenen künstlerischen Sparten fand bei den Schulen gute Resonanz. Zunehmend zeigte sich aber, dass die Projekte nur punktuelle Veränderungen erzeugten und ihre Wirkung oft mit Wegfall der Förderung endete. Daher wurden die Fördermittel in den vergangenen Jahren vor allem auf zwei Bereiche konzentriert: zum einen auf Schulentwicklung und Profilbildung im kulturellen Bereich (so gibt es z. B. fast 200 Grund- und SI-Schulen mit musikalischem Schwerpunkt), zum anderen auf eine langfristige Qualifizierung von Lehrkräften für alle Bereiche kultureller Bildung. Fortbildung kann sich dann besonders wirksam in der Praxis entfalten, wenn sie nicht nur auf persönliche Weiterqualifikation eines Einzelnen abzielt, sondern mit Schulentwicklung verbunden ist.
Aus diesem Grunde hat unser Haus 2008 dem Versuch zugestimmt, dass sich Vertreter verschiedener Schultypen für den Bereich der Sekundarstufe I auf den Weg begaben, selbst zu erkunden und zu bestimmen, was eine KulturSchule ausmachen könnte. Damit die Prozesse an den beteiligten Schulen sorgfältig begleitet und beobachtet werden konnten, war das Projekt in Hessen zunächst mit nur 5 Schulen gestartet.
Den Fortbildnern des Projektbüros „Kulturelle Bildung“, das diese Maßnahme in unserem Auftrag durchführte, kam die Rolle von Beratern und Begleitern in einem Prozess zu, der auf dem Ideen- und Handlungspotential der Lehrkräfte und Schulen selbst aufbaut. Alle Fortbildungsangebote orientierten sich unmittelbar am Entwicklungsbedarf der Schulen und Lehrkräfte.
Die wenigen Vorgaben klingen zunächst einfach. KulturSchulen
- schaffen mehr Raum und mehr Zeit für vielfältige kulturelle Aktivitäten
- sind ein Ort, an dem jedes Kind eine Kunst für sich entdecken kann
- verankern kreative Methoden im Regelunterricht, ermöglichen ästhetische Lernzugänge in allen Fächern und überwinden die Fächergrenzen
- öffnen sich nach außen und kooperieren mit kulturellen Institutionen in der Region
Schulen, die dieser Vision folgen, mussten und müssen aber bereit sein, Schulleben und Unterricht schrittweise nicht nur inhaltlich, sondern auch organisatorisch und strukturell zu verändern. Das ist dem Grundsatz der Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen geschuldet und erfordert mehr Phantasie, Arbeitseinsatz, Diskussion und Veränderung unter Einbeziehung der gesamten Schulgemeinde, als z.B. zeitlich begrenzte Teilprojekte mit Künstlern, die von außen kommen und den Regelunterricht in bestimmten Klassen oder Schulstufen ergänzen.
Die hessische Maßnahme impliziert eine Entwicklung orientiert an längerfristigen Zielen - in der Umsetzung geht es um überschaubare, alltagstaugliche Schritte, die den spezifischen Bedingungen der jeweiligen Schule gerecht werden.
Nach drei Jahren haben sich alle fünf Schulen einem umfangreichen Zertifizierungsverfahren unterzogen und das Projektbüro ist im Einvernehmen mit den zuständigen Dezernenten an den Staatl. Schulämtern zu dem Schluss gekommen, dass die
- Diltheyschule in Wiesbaden
- Jawlenskyschule in Wiesbaden
- Konrad-Dudenschule in Bad Hersfeld
- Bertha von Suttner - Schule in Nidderau
- IGS Herderschule in Frankfurt
sich das Prädikat „KulturSchule“ verdient haben.
Mit diesem Prädikat machen sie den Schülern das rechtlich verbindliche Leistungsversprechen, dass sie an ihrer Schule
- alle Künste in Theorie und Praxis kennenlernen können
- im curricularen Angebot von Regel- und Wahlunterricht in jeder Jahrgangsstufe Möglichkeiten zum besonderen Entdecken und Aneignen einer Kunst finden werden
- dabei besonders aufmerksam begleitet und gefördert werden
- Offenheit für kreatives Denken und Handeln in allen Bereichen erleben werden
Es ist mir ein Bedürfnis, allen Eltern, Schülern und Lehrkräften, die zur Entwicklung und Umsetzung dieser Ziele in den vergangenen drei Jahren beigetragen haben, für die geleistete Arbeit zu danken und sie zum Erreichen der Zertifizierung zu beglückwünschen.