Ein Hauch von Kardamom weht – SchreibkUnst mit Wolfgang Büscher
Ein Hauch von Kardamom in dieser oft so grau erscheinenden Welt – „SchreibKunst“-Workshop mit Wolfgang Büscher am Gustav-Stresemann-Gymnasium
Der Autor und Journalist Wolfgang Büscher gab im September 2022 anlässlich einer Lesung am Gustav-Stresemann-Gymnasium einen Einblick in sein eigenes literarisches Schaffen. Er berichtete eindrucksvoll von seinen abenteuerlichen Reisen nach Russland und Amerika.
Am 12.01.23 bekamen nun 15 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis Q 4 mit finanzieller Unterstützung des Fördervereins des GSG die Gelegenheit, angeleitet von Wolfgang Büscher selbst schreibend zu reisen. Thematisch vorgegeben war nur, dass im Zentrum der Texte das Thema „Reisen“ stehen sollte. Gemeint waren nicht ausschließlich touristische Reisen, sondern Reisen im allerweitesten Sinn. Die Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer, dankbar für die ihnen überlassene thematische Freiheit, begaben sich sehr konzentriert und motiviert an die Arbeit und nutzten die ruhige Schreibphase, um ihre, teilweise ersten, Schreibversuche zu Papier zu bringen.
Vor der Präsentationsphase lockerte Wolfgang Büscher die Atmosphäre durch eine amüsante Anekdote aus einer seiner Deutschstunden als Schüler auf, in der er als Schreibender kläglich versagt hatte. So nahm er den Schülerinnen und Schülern die Angst vor dem Vorlesen der eigenen, teilweise sehr persönlichen Texte. Diese wurden nach dem Vortrag ausführlich besprochen und gewürdigt. Die Schülerinnen und Schüler erfuhren auf diese Weise, wie vielfältig das Thema umgesetzt werden konnte. Von ganz klassischen touristischen Reisen über Zeitreisen, Reisen ins eigene Ich bis hin zu „letzten Reisen“ war alles dabei. Die Zuhörenden erlebten an diesem Donnerstagnachmittag etwa einen an Faust erinnernden Wissenschaftler, der mithilfe einer erfundenen Zeitmaschine eine Reise durch Multiversen unternimmt, eine weitere Zeitreisende, die läuft, ehe sie krabbeln kann, eine 11-Jährige, die auf einer Indienreise das magische Land ihrer Vorstellung in der Realität ganz anders erlebt, eine junge Mutter, die die Reise ihrer Mutterschaft trotz aller Widrigkeiten als größtes Glück erlebt, oder eine Ich-Erzählerin, die die letzten Atemzüge ihrer sterbenden Schwester in einem Krankenhaus in Amman begleitet.
Ein Gedicht verdeutlicht die positive Entwicklung der Verfasserin poetisch verdichtet am Jahreszeitenkreislauf und findet in dem lebensbejahenden Vers „Das Efeu in mir ist immer grün“ seinen vorläufigen Höhepunkt.
Die vorgetragenen Texte der Mitschülerinnen und Mitschüler wurden von den Teilnehmenden je nach Inhalt teils erheitert-belustigt, teils stumm-betroffen sowie stets respektvoll und wertschätzend aufgenommen. Wolfgang Büscher begegnete den Schreibenden auf Augenhöhe, kommentierte die Texte sensibel und gab natürlich auch den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag mit auf den Weg: die Spannung lange genug aufrechterhalten, Klischees und abgenutzte Wörter vermeiden, sich vorstellen, für wen man schreibt, stilistisch knapp sein, lieber erzählen, statt zu behaupten usw. Konkrete Hinweise Büschers zu einzelnen Texten wie z.B. „Ich würde noch stärker in Richtung ‚toter Hund‘ gehen“, sorgten für allgemeine Erheiterung und eine gute Atmosphäre. Wolfgang Büscher, der sehr aufmerksam zuhörte, gab die Rückmeldungen stets nach seiner Devise „Was steckt an verborgenen Knospen in den Texten, die noch nicht erblüht sind?“ Die Schülerinnen und Schüler wurden hierdurch motiviert, ihre Texte zu redigieren und weiterzuschreiben. Beim nächsten Workshop werden die literarischen Produkte für die Veröffentlichung in der vom Hessischen Kultusministerium herausgegebenen „SchreibKunst“-Anthologie fertiggestellt.
Dass Schülerinnen und Schüler so offen und ehrlich Persönliches preisgeben, sich selbst und ihre Erfahrungen sprachlich so eindrucksvoll und facettenreich formulieren und präsentieren, kommt im Schulalltag nicht oft vor. Ohne diesen von den Lehrkräften Christoph Heise und Barbara Jericho organisierten Workshop wären die „Textknospen“ der jungen Sprachkünstlerinnen und -künstler vielleicht nie aufgekeimt. So lag nicht nur über dem Leben einer der Teilnehmerinnen nach ihrer poetisch beschriebenen Indienreise, sondern auch über diesem Workshop mit Wolfgang Büscher „ein Hauch von Kardamom in dieser oft so grau erscheinenden Welt“.
Barbara Jericho und Christoph Heise