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Programmbeschreibung Stand Oktober 2019

Stand Oktober 2019

Ziele 

  • Ziel des Programms ist es, Grundschulen dazu zu motivieren und zu befähigen, Darstellendes Spiel als Methode in allen Fächern einzusetzen. 
  • Jeder Schüler soll die Möglichkeit bekommen, Theater als Spiel- und Kunstform zu entdecken. 
  • Jeder Kollege soll die Möglichkeit bekommen, sich durch Coaching, Erprobung, Fortbildung und Austausch intensiv mit Theater im Unterricht auseinanderzusetzen.
  • Die Kollegien und die Schulgemeinden erhalten Impulse, Theater in der Schule als wirksames Instrument zur Entwicklung der Persönlichkeit, des sozialen Miteinanders und der künstlerischen  Auseinandersetzung mit relevanten Themen zu  erkennen und maßgeblich in der  Schulentwicklung zu verankern.

 

Einsatzfeld Grundschule 

  • Veränderte Bedingungen und tiefgreifende Entwicklungen an der Grundschule wie ganztägige Betreuung und inklusiver Unterricht erfordern gleichermaßen die Weiterentwicklung des Schulprofils. Die Verankerung von Theater als Methode umfassenden und nachhaltigen Lernens bietet hier besondere Chancen.
  • Da Theater auch  außersprachliche Vermittlungs- und Ausdrucksformen einbezieht, können insbesondere auch Kinder mit sprachlichen Problemen oder anderen Einschränkungen und Besonderheiten gut mitgenommen werden.
  • Dabei wird den – häufig vernachlässigten -  Bedürfnissen der Kinder nach Bewegung, nach Eigenaktivität und -verantwortung, nach sozialer Interaktion und einem ganzheitlichen Lernen mit allen Sinnen in vielfältiger Weise entsprochen. Es werden Basiskompetenzen entwickelt und geschult, die sich positiv auf alle Lernbereiche auswirken.
  • Theater ermöglicht durch binnendifferenzierte, projekthafte Arbeitsformen 

( in Anküpfung an bereits erprobte und effektive Lehr-  und Lernformen im Grundschulunterricht ) gleichermaßen eine individuelle Förderung und Persönlichkeitsbildung sowie Kooperation und soziales Lernen. Durch den gemeinsamen Bezug auf etwas Drittes wird der eigene Handlungsspielraum erweitert, die Selbst- und Fremdwahrnehmung gefördert, Grenzen werden erweitert und überschritten, es entwickeln sich neue Ausdrucksqualitäten und Handlungskompetenzen, es ereignet sich interkulturelle Kommunikation und Verständigung.

  • Theater bietet den Kindern die Möglichkeit, sich mit einer Kunstform auseinanderzusetzen, die ihnen- gleichermaßen durch Produktion und Präsentation eigener Stücke, sowie durch Rezeption von altersgemäßen Stücken – kulturelle Teilhabe ermöglicht und damit Grundwerte unserer Gesellschaft wie Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Übernahme von Verantwortung vermittelt.

 

 

Durchführung  und Organisation des Programms  

  • Die Durchführung des Programms gliedert sich in eine erste Phase von 2017 -2019, in der das Projekt mit zehn Schulen startete und in eine zweite Phase ab 2019, in der die gestarteten Schulen als Programmschulen zertifiziert und nach zwei Jahren mit einer gezielten Nachbetreuung in die Selbstständigkeit entlassen wurden. Ab dem Schuljahr 2019/ 20 werden sechs neue Schulen aufgenommen und starten mit dem vollständigen Coachingangebot.
  • Als zentrale Maßnahme im Sinne der intendierten Schulentwicklung hat jede Schule eine Theatercoach, die alle zwei Wochen etwa 4-5 Stunden an einem Tag in der Schule anwesend ist. In der ersten Phase standen 5 Coaches aus dem Tätigkeitsfeld  Grundschule, Förderschule, Inklusion zur Verfügung, alle mit Theaterausbildung und langjähriger Theatererfahrung. In der zweiten Phase stehen die gleichen Personen zur Nachbetreuung der Schulen zur Verfügung, zwei davon betreuen neu dazu gekommene Schulen. Das Team wird 2019/20 erweitert um zwei Kolleginnen mit Theaterausbildung und -erfahrung aus der Sekundarstufe I und einer externen, freischaffenden Theaterpädagogin mit langjährigen Erfahrungen in schulischer Theaterarbeit.
  • Es gibt zentrale Fortbildungsveranstaltungen zu ausgewählten Themen ( z.B. Theater als Methode, Theater im Sprachunterricht, Theater und  soziales Lernen, Theater  mit Geflüchteten,  Szenisches Umsetzen von  Bilderbüchern, Theater und Musik etc), zu denen die Kollegen aller Schulen eingeladen sind -  von jeder Schule sollen jeweils mindestens 2-3 Kollegen vertreten sein. In der ersten Projektphase gibt es  etwa 8 Fortbildungsangebote im Schuljahr, in der zweiten Projektphase  sollen es deutlich weniger sein, etwa die Hälfte. Dazu werden externe Fachleute aus der freien Kultur- und Theaterszene eingeladen.
  • Es gibt dezentrale Fortbildungsveranstaltungen, ausgehend von gezielten Bedarfen an einzelnen Schulen, zu denen Kollegen aus anderen Schulen eingeladen werden können. Diese Fortbildungen werden auch aus dem Pool  „Workshop - Programm Kreative Unterrichtspraxis“ des HKM bedient.
  • Einmal jährlich gibt es ein zweitägiges Fachforum mit renommierten Referenten aus den Bereichen Theater und Tanz, welche Vorträge, Workshops  und Gastspiele anbieten. Ziel ist ein fachlicher Input und Austausch für alle Kollegen aus allen am  Programm teilnehmenden Schulen.
  • Für die aktiv betreuten Schulen gibt es jährlich einen ausgewählten Methodeninput ( z.B. Clownstechniken, LUDO-Spielmethode, Objekttheater etc ) welcher in Form von Workshops für Kinder und Fortbildungsangebot für Kollegen jeweils an einem Tag in allen Schulen durch externe Theaterpädagogen durchgeführt wird . 
  • In der ersten Phase wurden alle teilnehmenden Schulen durch eine Zahlung von je 2000 Euro durch das HKM unterstützt, davon wurden Spielmaterialien, Bühnenausstattung, Musikanlagen, Beleuchtungstechnik etc angeschafft.
  • Das Projekt wird  geleitet durch eine Koordinatorin, welcher für diese Tätigkeit Abordnungsstunden zur Verfügung stehen und eine Fachbeauftragte im Kulturbüro des HKM, welche die Verbindungs- und Koordinationsfunktion zwischen Projekt und Kultusministerium übernimmt. Beide Koordinatorinnen und die coaches treffen sich in regelmäßigen Abständen, um sich über die Abläufe des Programms auszutauschen und es weiter zu entwickeln. Insgesamt stehen dem Programm in der ersten Phase  und in der zweiten Phase jeweils 40 Abordnungsstunden zur Verfügung.

 

Inhalte : Coaching als zentrales Steuerungselement 

Voraussetzungen an den Schulen / Theaterprofile

 

Als Grundlage für alle ausgewählten Schulen sind in den Bewerbungsunterlagen folgende Bedingungen formuliert: 

  • Die Schule verfügt über eine ausgebildete Theaterlehrkraft und / oder ist bereit, Kollegen für Weiterbildungsmaßnahmen freizustellen
  • Die Schule ist offen für Kooperation mit externen Partnern wie Tusch, Flux, Starke Stücke 
  • Es gibt konkrete Ansprechpartner und schulinterne Koordinatoren, die dafür      

Entlastung bekommen 

  • Das Kollegium verpflichtet sich zur regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungen
  • Es besteht die Bereitschaft aller Kollegen, sich auf theatrale Grunderfahrungen einzulassen
  • Es steht ein Raum zum Theaterspielen zur Verfügung

An den Schulen, die in das Programm einsteigen, gibt es häufig bereits erste theatrale Strukturen wie Theater-AGs, kulturelle Veranstaltungen oder Rituale, die fest im Jahresplan verankert sind, sowie  regelmäßige Besuche von Theateraufführungen. Die Kooperation mit außerschulischen Partnern wie Flux, Tusch  und Staatstheatern ist bei einigen Schulen schon angebahnt. Ein Grundinteresse, diese Strukturen auszubauen und die Theaterarbeit zu intensivieren, besteht an allen Schulen. Darüber hinaus sind die Bedingungen, die im Einzelnen angetroffen werden, sehr unterschiedlich. Es ist daher wichtig, zu Beginn zunächst die konkrete Situation zu ermitteln, die Bedürfnisse und Wünsche der Kollegien auszuloten und gemeinsam eine für die jeweilige Schule passende Begleitung und Beratung zu entwickeln, welche  die Schulentwicklung entscheidend voran bringen kann.

 

Etablierung von Theatercoaching

 

  • Kontaktaufnahme und erstes Treffen mit schulischen Ansprechpartnern im Vorfeld, Ermittlung der spezifischen Bedingungen und Interessen, Planung der ersten Wochen
  • Vorstellung der eigenen Person, des Programms und der beginnenden Arbeit auf der nächsten Gesamtkonferenz
  • Hospitation in einzelnen Klassen und Jahrgangsstufen, um Schule, Kinder und Kollegen kennen zu lernen
  • Einrichtung einer Infowand, Schwarzem Brett oder ähnlichem im Lehrerzimmer, wo Termine und aktuelle Infos zu Coaching und Programm ersichtlich sind
  • Etablierung einer Kommunikationsform mit schulinternem Ansprechpartner, mit welcher effektiv und zeitnah Planung und Austausch stattfinden kann.  

Ansprechpartner koordiniert intern z.B. zunächst die Hospitationen, später dann  Termine und Räume für praktische Arbeit und Beratung und gibt diese an Coach weiter. Coach informiert Ansprechpartner über alle aktuellen Entwicklungen im Programm und plant mit diesem und / oder erweitertem Schulteam die gesamte schulinterne Entwicklung

  • Angebot von „Schnupperstunden“  von je 45 Minuten in Basisbereichen theatralen Arbeitens ( Körperausdruck, Raumerfahrung, Gruppe ) – möglichst für alle Klassen ( Jahrgangsweise ist dies einfacher zu organisieren, als wenn sich jeweils einzelne Klassen dafür anmelden)

 

Strukturen und Inhalte des Coachings, die sich im Zusammenspiel von Nachfrage und Angebot entwickelt und bewährt haben

 

  • Austausch mit Ansprechpartnern über die zu entwickelnde Theaterarbeit in vierzehntägigem Rhythmus, zusätzlich nach Bedarf
  • Theaterpädagogische Inhalte und Entwicklungen gehören regelmäßig auf die Konferenzen, eingebracht von Ansprechpartnern, mindestens halbjährlich von Coach, Zielformulierung für die Zusammenarbeit und Evaluation
  • „Grundlagencoaching“ in allen Klassen, etwa 45 Minuten, um theatrale Methoden und Übungen kennen zu lernen, Einführung der Spielekartei von Johanna Vierbaum, LI Hamburg
  • Basisförderung Theater als Methode Sozialen Lernens / Erster Jahrgang ( auf der Grundlage einer Toolbox und der Spielekartei von Johanna Vierbaum LI Hamburg ) : Beispielstunden- gemeinsame Stundenvorbereitung – Teamteaching- selbstständiges Arbeiten mit regelmäßiger Beratung
  • Theater als Methode im Fachunterricht 
  • Theater als Methode im Sprachunterricht und in Intensivklassen
  • Vermittlung ausgewählter Methoden wie Chorisches Sprechen und Bewegen, Arbeit mit Statuen und Standbildern, Improvisation mit Spielmaterial
  • Vermittlung von Inszenierungsmöglichkeiten und szenischer Improvisation, zum Beispiel zum Thema „Märchen“, literarischer Vorlagen, aktueller Klassenthemen
  • Beratung zu Prozessen in der Theater-AG, zu szenischen Vorhaben im Klassenunterricht, zu theatralen Aktionen auf Jubiläumsveranstaltungen und kulturellen Aktionen im Jahresplan
  • Planung und Durchführung eines pädagogischen Tages zum Thema Theater

mit jeweils schulspezifischen Schwerpunkten

  • Planung und Begleitung von Theaterprojektwochen z.B. zum Thema „Bilderbuch szenisch gestalten“
  • Vor- und Nachbereitung von Theaterbesuchen
  • Unterstützung bei der Einrichtung eines Theaterraums
  • Aufbau eines Theater-Fundus, u.a.  mit Spielmaterial und Bilderbüchern, die sich als Vorlagen zu szenischem Spiel eignen
  • Unterstützung bei der Präsentation  des Programmes auf der homepage und  im Schulprofil 

 

Grundlagen für die didaktisch-methodische Verankerung der theaterpädagogischen Inhalte bilden – auf überfachlicher Ebene – die Bildungsstandards und Inhaltsfelder des  Kerncurriculums für Hessen / Primarstufe und – besonders auf fachlicher Ebene – der Bildungsplan Grundschule Theater des Lehrerinstituts Hamburg. Hamburg verfügt als einziges Bundesland über langjährige Erfahrungen mit der Konzeption und Einrichtung von Theater als Unterrichtsfach an Grundschulen. 

 

Vernetzung mit externen Partnern

 

  • Ermitteln von passenden externen Projektpartnern, je nach Schule und Region unterschiedlich, Kontaktanbahnung
  • Unterstützung FLUX-Bewerbung
  • Unterstützung bei der Buchung von Gastspielen , u.a. über FLUX
  • Anbahnung von Kooperation mit Starke Stücke, Aufbau einer Starke-Stücke-Schulpartnerschaft  
  • Koordination einer  langjährigen Starke-Stücke-Schulpartnerschaft
  • Koordination mit Kulturamt, Staatstheater
  • Koordination von Theaterprojektwochen mit externen Theaterpädagogen, Begleitung der Vor- und Nachbereitung mit den entsprechenden Kollegen, Reflexion des Ablaufs und Vorplanung für die nächsten Projektwochen
  • Zusammenarbeit mit weiterführenden Schulen im Theaterbereich

 

Chancen 

  • An allen Schulen hat TfA wesentlich dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit und  Wertschätzung des Kollegiums für Theaterangebote zu verstärken und das Thema ins allgemeine Bewusstsein zu heben.
  • Durch die Fortbildungsangebote konnte der fachliche Aspekt in die Kollegien getragen werden und  die verschiedenen Kompetenzbereiche von Theater in der Schule wurden  deutlich gemacht : Erwerb von Sachkompetenzen / Theater als Kunstform begreifen – Gestaltungskompetenzen / Theater spielen und Ausdrucksformen entwickeln– kommunikative Kompetenzen / Theater reflektieren - soziokulturelle Kompetenzen / an Theater teilhaben.
  • Durch die kontinuierliche Präsenz von TfA auf den Konferenzen und  durch die Fortbildungsangebote haben viele Kollegen das Potential von Theater als inklusiver Methode mit fächer- und klassenübergreifenden Möglichkeiten erkannt.
  • Durch die auch  außersprachlichen Vermittlungs- und Ausdrucksformen, die dem Theater  zur Verfügung stehen, konnten insbesondere Kinder mit Sprachproblemen im Regelunterricht , in Intensivklassen und  Sprachvorlaufkursen gut gefördert werden.
  • An allen Schulen wird durch das Programm nachhaltig mehr Theater gespielt.
  • Die Eltern sind aufgrund begeisterter Kinder, überzeugender Projekte und Präsentationen zunehmend vom Wert des Theaters als Methode schulischen Lernens angetan und unterstützen die theaterpädagogische Arbeit.
  • Vernetzung und Inspiration von DS-Lehrern und interessierten Kollegen erfolgte durch die Fachforen, die Fortbildungen und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen.
  • Die Durchführung von  DS an Grundschulen ist  aufgrund fehlender personeller und struktureller Ressourcen besonders erschwert – durch die kultusministerielle Etablierung des Programms war  eine offizielle Wertschätzung zu erfahren, die auch auf Schulleitungsebene Offenheit und Begeisterung erzeugt hat. 
  • Es gab damit  erstmals eine öffentliche Aufmerksamkeit, Interesse und Würdigung für DS im Primarbereich und so etwas wie eine Lobby, die das „Stiefkind Theater“ an der Grundschule aus seiner Nische herausgehoben hat.